Arbeitsgruppe Pflanzenphysiologie

AG-Leitung Prof. Dr. Thomas Pfannschmidt

  • Pflanzen und Umwelteinflüsse

  • Struktur RNA Polymerase

  • © Tim Ruder
    Keimlingsentwicklung und Chloroplastenbiogenese(Biorender)

  • Retrogrades Signalling

Photosynthese, Pflanzen und Umwelteinflüsse

Wir erforschen die Biogenese von Chloroplasten und deren photosynthetische Mechanismen. Wir wollen die dem Prozess zugrunde liegenden regulatorischen Netzwerke aufklären und verstehen, wie Pflanzen Umweltschwankungen integrieren, um die photosynthetische Effizienz auch unter ungünstigen Bedingungen aufrechtzuerhalten - ein wichtiger Aspekt, der für die zu erwartenden Probleme im Zusammenhang mit dem Klimawandel von großer Bedeutung ist. Unsere Forschung trägt dazu bei, neue Konzepte für eine nachhaltige Landwirtschaft unter dem Einfluss des Klimawandels zu entwickeln.

Chloroplasten, Licht, Leben

Bei der Photosynthese sorgt ein komplexer Apparat aus Proteinen, Pigmenten und Lipiden dafür, dass die Lichtenergie der Sonne eingefangen und in chemisch nutzbare Energie umgewandelt wird. Bei diesem Prozess wird Kohlendioxid aus der Luft aufgenommen und in Zuckermoleküle eingebaut. Gleichzeitig wird bei diesem Prozess Sauerstoff freigesetzt, der die Gaszusammensetzung der Atmosphäre bestimmt.

Nur Pflanzen, Algen und einige Bakterien sind zur Photosynthese fähig. Pflanzen und Algen besitzen dafür spezielle intrazelluläre Organellen, die Chloroplasten, in denen die Photosynthese stattfindet. Evolutionär sind die Chloroplasten aus der endosymbiotischen Aufnahme eines photosynthetischen Bakteriums in einen einzelligen heterotrophen Eukaryoten um 1,2 mya entstanden. Daher weisen Chloroplasten immer noch mehrere prokaryotische Merkmale auf, darunter ein eigenes Genom (Plastom genannt) und eine vollständige Genexpressionsmaschinerie. In blühenden Pflanzen werden Chloroplasten als undifferenzierte, nicht-photosynthetische Proplastiden vererbt. Keimende Sämlinge sind daher auf ihre Speicherenergie angewiesen, um zu wachsen, und versuchen, so schnell wie möglich ans Licht zu gelangen.

Die Bildung des Photosyntheseapparats in den Chloroplasten der Pflanzenzellen erfordert wiederum die Ausprägung von Photosynthesegenen, die im Plastidengenom und im Zellkern kodiert sind. Der Aufbau der Photosynthese umfasst also sowohl Licht als Auslöser als auch eine komplexe molekulare Regulation, die die Bereitstellung aller Komponenten des Photosyntheseapparates steuert. Ein Schlüsselelement dieses Regulationsnetzes ist die Chloroplasten-RNA-Polymerase, die für die korrekte Expression der Photosynthesegene, den Chloroplasten, verantwortlich ist. Sie integriert Entwicklungs- und Umweltsignale, die schließlich zu einem photosynthetisch aktiven Keimling führen.

Photosynthese

Photosynthesemaschinerie

Die strukturellen und funktionellen Grundlagen der pflanzlichen Photosynthese sind auf zellulärer und molekularer Ebene eingehend untersucht. Derzeit ist der Aufbau der photosynthetischen Komplexe innerhalb des Thylakoidmembransystems der Pflanzenchloroplasten bekannt und die Position und Koordination von Proteinen, Pigmenten, Lipiden und Co-Faktoren ist sogar auf atomarer Ebene beschrieben. Die Photosynthesemaschinerie ist jedoch nicht statisch, sondern stellt vielmehr eine hochdynamische Anordnung von Komplexen dar, die je nach Umweltbedingungen ihre Position und Zuordnung ändern. Die Photosynthesemaschinerie erfüllt also zwei Funktionen:

  • Die erste Funktion der Photosynthese ist die Nutzung des Sonnenlichts und die anschließende Umwandlung in chemische Energie.
  • Die zweite, weniger offensichtliche Funktion ist die Wahrnehmung der Umwelt. Der photosynthetische Prozess reagiert sehr empfindlich auf Veränderungen des Lichts, der Temperatur oder der Wasserverfügbarkeit und wird zudem stark durch den Angriff von Krankheitserregern oder Pflanzenfressern beeinträchtigt.

Wir sind besonders an der Sensorfunktion der Photosynthese interessiert, da sie viele pflanzeninterne Prozesse wie den Stoffwechsel und die Genexpression reguliert. Die Sensorfunktion steuert aber auch die photosynthetische Funktion durch regulatorische Rückkopplungsschleifen und akklimatisiert die Photosynthese an die Umweltbedingungen durch strukturelle Umstrukturierungen des photosynthetischen Apparates.

Photosynthese von Wasserlinsen: Struktur und physiologische Akklimatisierung

Die meisten unserer Forschungsarbeiten haben wir mit Modellorganismen wie Arabidopsis, Sinapis oder Nicotiana durchgeführt. Wir sind jedoch auch an der Untersuchung neuartiger Pflanzensysteme interessiert, die für die Biotechnologie und die Biomasseproduktion von Interesse sind. Zu diesem Zweck untersuchen wir die Photosynthese in Wasserlinsen (Lemnaceae), einer Familie von Wasserpflanzen, die unter geeigneten Bedingungen zu exponentiellem Wachstum fähig sind. Wasserlinsen sind Süßwasserpflanzen, die mit Ausnahme der polaren Lebensräume überall auf der Erde zu finden sind. Sie vermehren sich durch vegetative Spaltung und können enorme Wachstumsraten aufweisen. In den letzten Jahren werden sie intensiv auf ihre potenziellen bioökonomischen Auswirkungen in den Bereichen Lebensmittel, Futtermittel, Biomasse und biotechnologische Produktion und Anwendung untersucht. Wir untersuchen die molekularen Eigenschaften der Photosynthese von Wasserlinsen in Bezug auf Struktur und physiologische Akklimatisierung. 

Chloroplasten-RNA-Polymerase

PAPs: plastidär-kodierte RNA-Polymerase assoziierte Proteine

Die Chloroplasten-Transkription wird von zwei RNA-Polymerasen durchgeführt, einer kernkodierten RNA-Polymerase (NEP) vom Phagen-Typ und einer plastidkodierten RNA-Polymerase (PEP) vom Cyanobakterien-Typ. Die Hauptuntereinheiten der PEP werden von den rpo-Genen kodiert, die sich auf dem Plastom befinden. Diese Gene (und einige andere) werden von NEP transkribiert. PEP transkribiert die meisten anderen Gene, insbesondere die für die Photosynthese, und ist für die Biogenese der Chloroplasten und des Photosyntheseapparats absolut notwendig. Interessanterweise wird der PEP-Komplex während der Photomorphogenese durch die Assoziation von mindestens 12 zusätzlichen Proteinuntereinheiten erweitert. Diese PEP-assoziierten Proteine (PAPs) verleihen dem PEP eine Reihe weiterer enzymatischer Eigenschaften, deren Zweck jedoch weitgehend unverstanden ist.

PAPs stellen RNAP-Additionen dar, für die keine Orthologe in anderen prokaryotischen oder eukaryotischen Multisubunit-RNAPs gefunden werden können. Sie sind also chloroplasten-spezifisch. Wir sind sehr daran interessiert, ihre spezifische Rolle und ihre Entwicklung zu verstehen. Die Funktionen von PAPs sind weitgehend rätselhaft, und es gibt nur Vorhersagen über Proteindomänen und einige wenige In-vitro-Daten mit rekombinanten Proteinen. Demnach üben PAPs wichtige Funktionen im DNA/RNA-Stoffwechsel, bei der Redox-Regulierung, verschiedenen enzymatischen Aktivitäten und noch unbekannten Funktionen aus. Ungeachtet ihrer Vielfalt weisen sie einige gemeinsame Merkmale auf. Am auffälligsten ist der Phänotyp von PAP-Inaktivierungsmutanten, die alle pigmentarm sind und einen Albino- oder blassgrünen Phänotyp aufweisen. Außerdem scheinen mehrere PAPs sowohl in den Plastiden als auch im Zellkern lokalisiert zu sein. Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass sie eine wichtige koordinative Rolle bei der retrograden Signalübertragung und der Photomorphogenese spielen, zwei wichtigen Themen auf dem Gebiet der molekularen Regulierung der Pflanzenentwicklung. 

Retrograde Signale

Chloroplasten fungieren nicht nur als zentrale Biosyntheseplattformen in Pflanzenzellen, sondern auch als Sensoren für eine Vielzahl von umwelt- und entwicklungsbedingten Signalen. Insbesondere der Photosyntheseprozess reagiert sehr empfindlich auf abiotische und biotische Stressfaktoren und sendet eine Reihe von Signalen an den Zellkern, die Stressfaktoren melden. Diese Signale lösen die Expression von Genen aus, die kompensatorische Reaktionen auslösen, um die schädlichen Auswirkungen des Stresses zu kompensieren. Da diese Signale meist von Störungen des Gleichgewichts der mit der Photosynthese verbundenen Redoxprozesse ausgehen, werden sie unter dem Begriff „operative retrograde Kontrolle“ zusammengefasst. 

Die ersten Schritte der Chloroplastenbiogenese während der Keimlingsentwicklung werden durch das nukleo-cytosolische Phytochromsystem ausgelöst, das wichtige Entwicklungssignale aus dem Zellkern in Richtung der entstehenden Chloroplasten meldet. Dieser Signalweg wurde als „anterograde Signalisierung“ bezeichnet. Jede Störung in der normalen Entwicklung der Chloroplasten wird jedoch an den Zellkern zurückgemeldet und informiert über Defizite beim Aufbau der Organellen. Diese Signale werden unter dem Begriff „biogene retrograde Steuerung“ zusammengefasst. 

Wir untersuchen beide Arten von retrograden Signalen eingehend, da sie untrennbar mit unseren beiden oben beschriebenen Forschungsschwerpunkten verbunden sind.

  • Photosynthetische Redox-Signale, die durch Umweltschwankungen erzeugt werden, akklimatisieren nicht nur den photosynthetischen Apparat, sondern beeinflussen auch nukleare und zytosolische Prozesse.
  • Mehrere PAPs sind doppelt lokalisierte Proteine, die sich sowohl im Zellkern als auch in den Plastiden befinden. Es wurde gezeigt, dass PAP5 und PAP8 mit dem Phytochromsystem interagieren und ein neuartiges Mittel zur biogenen retrograden Signalgebung darstellen.

Kontakt

Prof. Dr. rer. nat. Thomas Pfannschmidt
Adresse
Herrenhäuser Straße 2
30419 Hannover
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101
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